22.05.2024

Frauenpower bei der Klassikwelt Bodensee

Gabriela Unbehaun-Maier kombiniert Kunst und Oldtimer – Vicky Pietsch präsentiert Flieger mit deutscher Geschichte

„Oldtimer geben mir ein ganz besonderes Fahrgefühl. Schon wenn man sie startet, riechen sie ganz anders als herkömmliche Autos“, schwärmt Gabriela Unbehaun-Maier. Sie ist eine von wenigen Frauen, die sich in der Oldtimer-Szene bewegen. Die stolze Besitzerin einiger historischer Fahrzeuge und zweite Vorsitzende des MAC Museums Art & Cars in Singen setzt sich zudem als Mitgründerin des Zonta Clubs Hegau-Bodensee für Frauenrechte ein. Diese Leidenschaften möchte sie mit anderen teilen. So auch Vicky Pietsch: Sie ist Privatpilotin und möchte die besondere Geschichte, die hinter ihrem Flieger „Betty“ steckt, bei der Klassikwelt Bodensee (7. – 9. Juni 2024) präsentieren. „Ich würde mich freuen, wenn viel mehr Frauen dieses wundervolle Hobby für sich entdecken und ich es mit mehr Pilotinnen teilen könnte. Eine Frau am Steuer eines Flugzeugs sollte eigentlich heutzutage nichts Besonderes mehr sein“, sagt sie.

In Deutschland liegt der Anteil von Frauen im Cockpit in der kommerziellen Luftfahrt bei weniger als 10 Prozent. Vicky Pietsch aus Friedrichsthal hat eine Vermutung, wieso das so sein könnte: „Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Frauen sich das nicht zutrauen, weil sie denken, der Beruf wäre zu technisch“. Dabei gäbe es keine Kriterien, die Männer eher erfüllen als Frauen, im Gegenteil: „Frauen haben eigentlich sogar mehr Gefühl beim Fliegen. Allerdings sind sie meist zunächst zurückhaltender als Männer“, so Pietsch. Auch in der Automobil-Oldtimer-Branche hält sich der Frauenanteil in Grenzen. Gabriela Unbehaun-Maier sieht hier aber einen Trend nach oben. „In den letzten 20 bis 30 Jahren haben immer mehr Frauen ihr Interesse für dieses Segment entdeckt“, berichtet sie. So sind beim Allgemeinen Schnauferl-Club, dem ältesten Automobilclub Deutschlands, bereits 12 von 70 Mitgliedern weiblich. „Das ist eine ganze Menge“, betont Unbehaun-Maier.

 Gabriela Unbehaun-Maier: Von Anfang an mit Leidenschaft dabei

„Meine Liebe zu Oldtimern wurde mir ins Nest gelegt“, erzählt Gabriela Unbehaun-Maier. Ihr Vater war großer Autofan, sodass sie sich mit 18 direkt ihr erstes eigenes Auto kaufte. „Die Fahrt mit einem Oldtimer ist jedes Mal ein ganz besonderes Erlebnis, denn man weiß nie, ob man ankommt“, freut sich Unbehaun-Maier. Daher hat sie sich auch von Anfang an mit der Technik der Autos auseinandergesetzt, um bei einer Panne immer zu wissen, was zu tun ist. Ihr Ehemann, Hermann Maier, hat nicht nur ein Gespür für Kunst, sondern teilt mit Gabriela Unbehaun-Maier eine gemeinsame Affinität zu verschiedenen Autos: Ihren Jaguar XK 140 DHC nutzen sie zum Beispiel gerne für eine schnelle Spritztour oder auch für längere Ausfahrten. Ihr Lieblingsauto ist aber ein 1932er Invicta Low Chassis. „Den hatte ich mir schon immer gewünscht. Es ist traumhaft, damit durch den schönen Hegau zu fahren“, schwärmt sie.

Oldtimer treffen auf Kunst

Einige ihrer Sammlerstücke präsentieren die beiden auch im MAC Museum Art & Cars in Singen. Dort werden beeindruckende Autolegenden zusammen mit Kunst, Fotografie und Lichtinstallationen ausgestellt. „Auch Karosserie-Designer sind Künstler“, so Unbehaun-Maier, „sie haben sich ja etwas beim Entwerfen der Autos gedacht, was weit über Technik hinaus geht. Im Idealfall begleiten Frauen ihre Männer in unser Museum bezüglich der Kunst und verlassen es als Oldtimer-Fans“. Oldtimer aus dem MAC Museum waren bereits mehrfach bei der Klassikwelt Bodensee vertreten. „Wir kommen immer wieder gerne zu dieser Messe. Es gefällt mir besonders, dass hier überall etwas Besonderes geboten wird, egal ob im Freigelände oder in den Hallen. Der Standort im Dreiländereck ist perfekt, einfach großartig“, sagt sie. In diesem Jahr wird das MAC Museum Art & Cars bei der Klassikwelt Bodensee mit einem eigenen Stand, inklusive zwei seltenen Fahrzeugen, vertreten sein: ein 1968er BMW Glas 1600 GT und ein Markos 3000 GT PVR aus dem Jahr 1971.

Vicky Pietsch: Vom Traum zur Wirklichkeit

Auch Vicky Pietsch hat ihre Leidenschaft schon in jungen Jahren entdeckt. Als sie als Kind beim Flug in den Urlaub das erste Mal ein Cockpit von innen sah, wusste sie, dass sie Pilotin werden möchte. Doch die Voraussetzungen, um Berufspilotin zu werden, erfüllte sie nicht. Also startete sie nach ihrem BWL-Studium als Vertrieblerin in einem pharmazeutischen Unternehmen. Dort kam sie mit einer Arbeitskollegin in Kontakt, die eine Privatpilotenlizenz hatte. So trat sie einem Verein bei und verfiel nun doch ihrem Traum der Fliegerei. Im Rahmen dieser Leidenschaft lernte sie auch ihren Lebensgefährten und Kunstflug-Piloten Patric Leis kennen. „Viele denken, ich hätte seinetwegen den Flugschein gemacht, dabei hatte ich ihn schon, bevor wir uns kannten“, betont Pietsch.

Eine Piper mit Seele und Geschichte

Vicky Pietsch pflegt eine besondere Beziehung zu ihrer 1952er Piper PA-19 namens „Betty“. Benannt wurde sie nach Betty Gillies, der ersten Pilotin, die sich für das Women’s Auxiliare Ferrying Squadron qualifizierte und im zweiten Weltkrieg Flugzeuge testete und zu anderen Flugplätzen überführte. „Ich gebe Dingen immer Namen, weil sie für mich nicht nur Dinge sind, sondern eine besondere Geschichte dahintersteckt, die ihnen gewissermaßen eine Seele verleiht“, so Pietsch. Und hinter „Betty“ steckt in der Tat ganz schön viel Geschichte. In den 80er Jahren wurde die Piper dazu genutzt, Menschen aus der damaligen DDR in den Westen zu bringen. Auch ihre Freizeit verbringt Vicky größtenteils mit dem Fliegen. „Es ist so ein schönes Hobby – ich kann mir ein Leben ohne Fliegen gar nicht mehr vorstellen“, schwärmt sie.

„Betty“ bei der Klassikwelt Bodensee

Patric Leis war bereits im vergangenen Jahr bei der Flugshow der Klassikwelt Bodensee dabei. In diesem Jahr wird auch Vicky gemeinsam mit „Betty“ vor Ort sein, um ihre Geschichte zu erzählen. „Betty unterscheidet sich von den lauten Kunstfliegern, da sie im Vergleich zu ihnen so unscheinbar wirkt, obwohl so viel Geschichte in ihr steckt“, sagt Vicky Pietsch. Doch sie freut sich nicht nur auf die Flugzeuge bei der Klassikwelt Bodensee, sondern pflegt ebenfalls ein großes Interesse für Oldtimer. „Sie haben für mich mehr Reiz als diese ganzen neuen Sachen mit viel Schnickschnack“, erklärt sie. Sie ist sogar selbst Besitzerin eines Youngtimers: ein 1997er BMW Z3 2.8. „Ich freue mich auf all die alten Autos und Flugzeuge, aber natürlich auch darüber, wenn die Besucherinnen und Besucher sich für Bettys Geschichte interessieren“, betont sie.